Absage an Minder und eine staatlich gelenkte Familienpolitik

Kantonale Mitgliederversammlung der FDP in Altstätten

Im Rahmen ihrer Mitgliederversammlung in Altstätten haben die St.Galler Freisinnigen die Parolen für die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen vom 3. März gefasst. Dabei sprachen sich die Anwesenden deutlich gegen die „Abzocker“-Initiative und den Bundesbeschluss über die Familienpolitik aus. Ebenfalls ein Nein resultierte zur Änderung des Bundesgesetzes über die Raumplanung.

Altstätten, 05.02.2013 | Dem Abstimmungssonntag vom 3. März kommt aufgrund der gesellschaftlichen Relevanz der anstehenden Vorlagen eine besondere Bedeutung zu. Die St.Galler Freisinnigen nahmen dies zum Anlass, ihre Mitgliederversammlung auch für weitere interessierte Kreise zu öffnen. Dies zahlte sich aus: Die über 100 Anwesenden sorgten für angeregte Diskussionen im Altstätter Sonnensaal.

Eigeninitiative und Freiwilligenarbeit stärken

Parteipräsident Marc Mächler rückte das Jahresmotto 2013 „Freisinn – Gemeinsinn!“ der St.Galler FDP ins Zentrum seiner Begrüssungsansprache. Auch im Kanton St.Gallen engagieren sich zahlreiche Freisinnige abseits der öffentlichen Wahrnehmung ehrenamtlich zum Wohle der Gemeinschaft. Mächler erkannte darin die konkrete Umsetzung der traditionellen politische Forderung des Freisinns nach verstärkter Eigenverantwortung jedes Einzelnen: „In Zeiten, in denen der Kanton aus finanziellen Gründen sein Leistungsangebot überdenken muss, verkörpert das persönliche Engagement einen handfesten Beitrag zu einem schlanken und leistungsfähigen Staat. Halten wir jenen Kreisen, welche eine staatliche Rundumversorgung als eine Selbstverständlichkeit erachten, unsererseits eine glaubhafte Alternative entgegen“, so Mächler. Mittels eines Wettbewerbs unter den Ortsparteien respektive den Mitgliedern sollen aus dem Jahresmotto heraus neue gemeinnützige Projekte entstehen, die auch über das Jahr 2013 hinaus weiter Bestand haben sollen.

Abzockerei: Gegenvorschlag wirkt besser

Der Parolenfassung zur Volksinitiative „gegen die Abzockerei“ ging ein kontradiktorisches Podiumsgespräch voraus. Unter der Leitung von Fraktionspräsident Reinhard Rüesch diskutierten Brigitta Harder-Moser vom Initiativkomitee und der Ausserrhoder FDP-Nationalrat Andrea Caroni. „Das Original ist immer besser“, sagte Harder-Moser. Sie erklärte, dass nur eine Vorlage, welche radikal sämtliche „Hintertürchen“ schliesse, Abzockerei verhindern könne. Andere Staaten ergriffen ihrerseits Massnahmen, um überrissene Vergütungen zu verbieten, auch mit Strafbestimmungen stünde die Schweiz nicht allein. Caroni seinerseits konterte, dass die Initiative zwar berechtigte Anliegen aufnehme, jedoch einer mutwilligen Schädigung des Wirtschaftsstandorts Schweiz gleichkomme. Mit ihren 24 starren Verfassungsbestimmungen, von denen viele gar nichts mit Vergütungen zu tun haben, würde die Initiative der Schweiz das unflexibelste Aktienrecht der Welt bescheren. Werde die Initiative abgelehnt, komme der Gegenvorschlag zum Zug, dem sämtliche Parlamentarier mit Ausnahme von Thomas Minder zugestimmt haben, sagte Caroni. Der Gegenvorschlag nehme die zentralen Anliegen der Initiative auf. „Wer die Initiative ablehnt, heisst die Abzockerei keineswegs gut. Wer Nein stimmt, macht die Bahn frei für eine Lösung, die schnell umgesetzt werden kann und Lohnexzesse zielgerichtet bekämpft.“ Die FDP-Mitglieder folgten Caronis Argumentation und lehnten die Initiative mit 90 zu 12 Stimmen ab.

Familienartikel: Nein zur Kompetenzabschiebung an den Bund

Mit 74 zu 30 Stimmen Nein sagt die St.Galler FDP zum Bundesbeschluss über die Familienpolitik, der von Nationalrat Walter Müller (Azmoos) vorgestellt wurde. Die FDP teilt zwar das Ziel des Artikels – die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf – der vorgeschlagene Weg kommt jedoch einem ungedeckten Blankocheck zulasten der Steuerzahler gleich. Im Falle einer Annahme müsste das Parlament den Verfassungsartikel mit einem neuen Gesetz umsetzen. Finanzielle Leistungen des Bundes, eine uferlose Anspruchshaltung samt Vorgaben an die Kantone wären vorprogrammiert. Aus Sicht der FDP sind Massnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf dann erfolgreich, wenn sie die Wahlfreiheit und Eigenverantwortung der Eltern fördern, den regionalen Gegebenheiten entsprechen und bedarfsgerecht sind. Es ist daher zwingend, dass die Kompetenz bei den Kantonen und Gemeinden bleibt.

Nein zur Änderung des Bundesgesetzes über die Raumplanung

Ebenfalls Nein sagt die FDP-Basis zum revidierten Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG). Im Rahmen einer von Kantonsrätin Vreni Wild (Neckertal) moderierten Podiumsdiskussion sprachen Alt Ständerätin Erika Forster bzw. Werner Messmer, Alt Nationalrat (FDP/TG) und Zentralpräsident des Schweizerischen Baumeisterverbands gegen die Vorlage. Für Erika Forster steht fest, dass mit dem RPG ein griffiges Instrument geschaffen worden sei, welches einen haushälterischen Umgang mit dem Boden vorsehe, um die Zersiedelung zu stoppen. Dies sei gerade im Hinblick auf folgende Generationen unabdingbar. Werner Messmer legte in seinem engagierten Votum dar, dass die Zustimmung zum RPG vor allem durch die Angst vor der Landschaftsinitiative getrieben sei. „Angst ist ein schlechter Ratgeber für die Politik“, sagte Messmer. Eine zentralistische Raumplanung, die von Bern geführt werde, sei mitnichten ein zukunftsweisendes Instrument und könne den Bedürfnissen der einzelnen Regionen nicht Rechnung tragen. Es gelte nun reinen Tisch zu machen und sowohl das RPG, wie auch die im Falle einer Ablehnung des RPG zur Abstimmung kommende Landschaftsinitiative abzulehnen, um einen neuen Vorschlag auszuarbeiten.

Übersicht Parolen

Eidgenössische Vorlagen – Stimmenverhältnis:

NEIN       Volksinitiative «gegen die Abzockerei»

Stimmen Ja: 12 Stimmen Nein: 90 Enthaltungen: 4

NEIN    Änderung des Raumplanungsgesetzes

Stimmen Ja: 36 Stimmen Nein: 63 Enthaltungen: 7

NEIN       Bundesbeschluss über die Familienpolitik

Stimmen Ja: 30 Stimmen Nein: 74 Enthaltungen: 2